Informations- und Auskunftspflicht

Grundlagen

Die Grundlagen für die Informations- und Auskunftspflicht sind in Art. 275a ZGB geregelt. Namentlich erwähnt heissen Sie:
1 Eltern ohne elterliche Sorge sollen über besondere Ereignisse im Leben des Kindes benachrichtigt und vor Entscheidungen, die für die Entwicklung des Kindes wichtig sind, angehört werden.
2 Sie können bei Drittpersonen, die an der Betreuung des Kindes beteiligt sind, wie namentlich bei
Lehrkräften, Ärztinnen und Ärzten, in gleicher Weise wie der Inhaber der elterlichen Sorge, Auskünfte
über den Zustand und die Entwicklung des Kindes einholen.
3 Die Bestimmungen über die Schranken des persönlichen Verkehrs (Art. 274 ZGB) und die
Zuständigkeit (Art. 275 ZGB) gelten sinngemäss.
Der Gesetzgeber beabsichtigt mit dieser Regelung, den nicht sorgeberechtigten Elternteil an der Entwicklung seines Kindes teilhaben zu lassen und sein Verantwortungsgefühl für das Wohlergehen des Kindes zu fördern. Wenn es im Interesse des Kindeswohls steht, soll man dies also so handhaben. Der nicht sorgeberechtigte Elternteil hat ein Mitsprache- aber kein Mitentscheidungsrecht. Das Recht auf Informationen, Anhörung und Mitsprache darf aber nicht dazu missbraucht werden, den sorgeberechtigten Elternteil zu kontrollieren.  

Auskunftspflicht der Schule

Trennung: Solange keine gerichtlichen oder Anordnungen von zivilrechtlichen Massnahmen in Bezug auf die elterliche Sorge getroffen sind, haben verheiratete Eltern, auch wenn sie getrennt leben, gemeinsam die elterliche Sorge inne und müssen in gleicher Weise informiert werden.
Scheidung und Konkubinat: Ist die elterliche Sorge einem Elternteil zugeteilt, gelten folgende Regeln:

  • Der nichtsorgeberechtigte Elternteil muss selbst Auskünfte einholen (‚Holschuld’), die Schule ist nicht verpflichtet, unaufgefordert zu informieren.
  • Ein einmaliges Verlangen reicht, damit die Schule den nicht sorgeberechtigten Elternteil regelmässig über Elterngesprächstermine informiert.
  • Die Schule informiert auf Verlangen den nicht sorgeberechtigten Elternteil über Leistungen, Verhalten und Entwicklung des Kindes im Rahmen der Schule. Erzieherische Fragen und Auskünfte über die familiären Verhältnisse sind davon ausgenommen.
  • Mütter und Väter ohne elterliche Sorge können auch den Unterricht ihrer Kinder besuchen, sofern der Schulbetrieb dadurch nicht beeinträchtigt wird.
  • Sie können zu Elternabenden eingeladen werden, sowie bei öffentlichen Veranstaltungen wie Besuchstagen, Aufführungen und Ausstellungen teilnehmen. Den Kindern können zwei Einladungen mitgegeben werden. Die Schule ist jedoch nicht verpflichtet, die Einladung per Post zuzustellen. Klassenfotos bspw. können auch vom nicht sorgeberechtigten Elternteil bezogen werden.

Anspruchsvolle Situationen
Bei besonders konfliktreichen Situationen besteht die Gefahr, dass Lehrpersonen in den elterlichen Konflikt hineingezogen werden. Die Auskünfte zur Schulsituation des Kindes sollten generell sachlich und neutral bleiben und keine Aussagen über den andern Elternteil enthalten. Es ist wichtig, dass sich Lehrpersonen vom elterlichen Konflikt abgrenzen.
Behauptet ein Elternteil, das Informations- und Auskunftsrecht des anderen Elternteils sei behördlich eingeschränkt worden, so muss dieser den entsprechenden Beschluss der KESB oder des Gerichtes als Beweis vorlegen. Ansonsten darf die Lehrperson Auskunft erteilen bzw. zum Beispiel ein Schulfoto herausgeben.

Zusammengefasst:

Artikel 275a ZGB soll sicherstellen, dass der nichtsorgeberechtigte Elternteil trotz der elterlichen Sorge des anderen Elternteils an den wichtigen Entscheidungen und Ereignissen im Leben des Kindes beteiligt wird und über besondere Ereignisse im Leben des Kindes benachrichtigt zu werden. Dazu gehören unter anderem die Geburt, die Taufe, die Einschulung, die Einweisung in eine stationäre Einrichtung und die Aufnahme einer Berufsausbildung.

Anhörungsrecht

Der nichtsorgeberechtigte Elternteil hat das Recht, vor Entscheidungen, die für die Entwicklung des Kindes wichtig sind, angehört zu werden. Dazu gehören unter anderem die Wahl des Schultyps, die Entscheidung über die Teilnahme an einer Therapie und die Einwilligung in medizinische Behandlungen.

Auskunftsrecht

Der nichtsorgeberechtigte Elternteil hat das Recht, Auskunft über den Zustand und die Entwicklung des Kindes zu erhalten. Dazu gehören unter anderem Informationen über die schulische und berufliche Laufbahn, die Gesundheit und die Freizeitaktivitäten des Kindes.

Voraussetzungen

Das Informations-, Anhörungs- und Auskunftsrecht des nichtsorgeberechtigten Elternteils besteht unabhängig vom Willen des sorgeberechtigten Elternteils.

Ausnahmen

In bestimmten Fällen kann das Informations-, Anhörungs- und Auskunftsrecht des nichtsorgeberechtigten Elternteils eingeschränkt werden. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Interessen des Kindes gefährdet sind.